Am 9.10.2021, 35 Tage nach der letzten Probenahme, wurde das Dach IKEA erneut beprobt. Alle neuen Ablagerungen wurden zusammengefegt und vollständig mitgenommen.
Material in Wasserpfützen, die trotz 3 Tagen Trockenheit wegen der nur moderaten Temperaturen noch vorhanden waren, konnte zum großen Teil auf dem Dach getrocknet werden. Dazu wurde das nasse Material mit einem Besen ausgebreitet und nach Trocknung zusammengefegt. Da dies jedoch ein sehr mühsamer Prozess ist, ist nach Möglichkeit immer vorzuziehen, ein Dach nach vollständiger Abtrocknung zu beproben.
Zuhause wurde die Probe zunächst durch Trockensiebung in verschiedene Partikelgrößenfraktionen getrennt, anschließend gewaschen und leichte (organische) Partikel dekantiert (vgl. Methode) sowie im Ultraschallwasserbad gereinigt und zuletzt aus den wenigen Gramm Material magnetisch reagierende Partikel extrahiert (vgl. Methode 2).
Abweichend zur Erstbeprobung wurde also der magnetische Extrakt erst nach dem Waschen/Dekantieren genommen. Dadurch müssen weniger Teilproben gewaschen werden, sofern man die nicht-magnetische Fraktion ebenfalls untersuchen möchte. Die geringe Materialmenge erlaubt dieses Vorgehen.
Anschließend wurden die Teilproben (verschiedene Größenfraktionen und magnetischer sowie nicht-magnetischer Anteil) unter dem Stereomikroskop nach Mikrometeoriten durchsucht.
Eine Übersicht über die Probemengen gibt nachfolgende Tabelle und einen optischen Eindruck der Proben die nachfolgende Grafik.
Probe | IKEA2 | ||
Tag der Erhebung | 09.10.2021 | ||
Zeitspanne seit letzter Beprobung | 35 Tage | ||
Gesamtgewicht | 247,8 g | ||
Fraktion | Probe | nach Waschen/Dekantieren | davon magnetische Fraktion |
> 2000 µm | 55,3 g | (nicht weiter behandelt) | |
800-2000 µm | 28,7 g | 2,4 g | 0,5 g |
425-800 µm | 40,8 g | 2,6 g | < 0,3 g |
250-425 µm | 37,4 g | 2,5 g | < 0,3 g |
150-250 µm | 32,4 g | 1,9 g | < 0,3 g |
100-150 µm | 25,1 g | 1,6 g | < 0,3 g |
<100 µm | 26,4 g | 0,6 g | < 0,3 g |
Ergebnisse
Es wurden insgesamt 49 Partikel aus der IKEA2-Probe unter dem Stereomikroskop extrahiert: 25 aus den magnetischen Fraktionen und 24 aus den nicht-magnetischen Fraktionen. Ein potenzieller Mikrometeorit aus der magnetischen Fraktion (150-250 µm) ging während der Reinigung verloren und fällt aus der weiteren Betrachtung raus. Entsprechend wurden 48 Partikel am Elektronenmikroskop überprüft.
Dabei wurden insgesamt 21 Mikrometeorite identifiziert, 16 davon aus der magnetischen Fraktion und 5 aus der nicht-magnetischen.
Bei letzteren handelt es sich um 3 Sphärulen des Typs Vitreous (THMM985, THMM986 und THMM992), einer davon mit kleinem Metaltröpfchen, und zwei Sphärulen des Typs Porphyritic Olivine. Einer davon Magnetit-frei an der Oberfläche (THMM987), der andere (THMM984) jedoch ausgesprochen eisenhaltig.
Die nachträglich Prüfung der magnetischen Eigenschaften der Partikel THMM984, THMM985 und THMM987 ergab, dass diese auf einen starken Neodymmagneten auch auf kurzer Distanz (wenige mm) nicht reagierten.
THMM984 soll später noch einmal genauer untersucht werden, da der an der Oberfläche gemessene Eisenanteil mit 57 Massen-% ungewöhnlich hoch ist.
Bei THMM982 handelt es sich um eine Übergangsform von Scoriaceous MM zu Porphyritic Olivine (vgl. auch Suttle et al. 2021, dort Abb. 6). Für ersteres spricht der teilweise noch erkennbare den Partikel vollständig umgebene Mantel aus kleinen Magnetitkristallen („magnetite rim“) sowie die zahlreichen NiS-Tröpfchen an der Oberfläche. Für zweiteres spricht die annähernd rundliche Form. Ein Querschnitt wäre nötig für eine eindeutige Zuordnung. Bis dahin wird er dem Typ Scoriaceous zugeordnet.
Ein weitere Partikel bereitete Schwierigkeiten bei der Einordnung. Optisch ähnelt er dem Typ Vitreous, besitzt einen kleinen Metalltropfen, doch die chemische Zusammensetzen weicht vom chondritischen Spektrum ab: zu hohe Werte von Al, Ca, Ti, Na und K. Letztendlich wurde er als terrestrisch eingeordnet.
Der überwiegende Anteil der Partikel wurde vor der Analyse am Elektronenmikroskop nochmals im Ultraschallwasserbad gereinigt, einige, insbesondere kleinere und nicht-schwarze Partikel wurden hingegen nicht gereinigt, da die Gefahr, diese bei diesem Prozess zu verlieren, relativ hoch ist. In den Elektronenmikroskopbildern äußern sich die Unterschiede zwischen derart gereinigten und ungereinigten Partikeln im Gegensatz zur letzten Probenahme diesmal nicht deutlich. Nicht nochmal einzeln gereinigt wurden die Funde THMM988, THMM989, THMM990, THMM992 und THMM993.
Die anschließende Tabelle zeigt die Größen und daraus errechneten Massen der gefundenen Mikrometeorite.
Nr. | Typ | Größe (mittlerer Durchmesser) | Masse (errechnet bei angenommener Dichte von 2,7 g/m³) |
THMM973 | BO | 292 µm | 35,0 µg |
THMM974 | PO | 192 µm | 9,9 µg |
THMM975 | BO | 166 µm | 6,5 µg |
THMM976 | BO | 249 µm | 21,7 µg |
THMM977 | CC (Turtleback) | 200 µm | 11,3 µg |
THMM978 | CC | 239 µm | 19,3 µg |
THMM979 | PO | 209 µm | 12,8 µg |
THMM980 | PO | 190 µm | 9,7 µg |
THMM981 | CC | 166 µm | 6,5 µg |
THMM982 | Scoriaceous MM | 200 µm | 11,2 µg |
THMM983 | CC (Microcrystalline) | 171 µm | 7,1 µg |
THMM984 | PO | 133 µm | 3,3 µg |
THMM985 | Vitreous | 161 µm | 5,8 µg |
THMM986 | Vitreous | 131 µm | 3,2 µg |
THMM987 | PO | 180 µm | 8,2 µg |
THMM988 | PO | 104 µm | 1,6 µg |
THMM989 | CC (Turtleback) | 132 µm | 3,3 µg |
THMM990 | PO | 128 µm | 3,0 µg |
THMM991 | CC (Microcrystalline) | 98 µm | 1,3 µg |
THMM992 | Vitreous | 102 µm | 1,5 µg |
THMM993 | CC | 74 µm | 0,6 µg |
Summe: | 182,7 µg |
Diskussion
Im Vergleich zur vorhergehenden Beprobung des Dachs IKEA wurden in der gleichen Zeitspanne (35 Tage) diesmal 21 statt 9 Mikrometeorite nachgewiesen. Da diese jedoch im Mittel kleiner waren, fällt deren errechnete Gesamtmasse mit 182,7 g (gegenüber 213,5 g) etwas geringer aus.
Ein auf Basis der 182,7 g errechneter Eintrag kosmischer Partikel beträgt (bei 35 Tagen Akkumulationszeitraum und 1730 m² Dachfläche) 1,1 µg/m²/yr bzw. global 562,1 t/a.
Der aus dieser Probe errechnete Eintrag kosmischen Materials liegt damit in vergleichbarer Größenordnung wie bei der letzten Messung und bei 37,5 % des von Suttle & Folco (2020) anhand antarktischer Proben ermittelten Wertes.
Es bleibt abzuwarten, welche Werte die nächsten Messungen bringen werden. Im Frühjahr 2022 kann es hoffentlich mit den Untersuchungen weitergehen.